Die Geschichte vom Froschkoch
Es war einmal ein Frosch, der wollte für sein Leben gerne Koch werden.
Er saß mit all den anderen Fröschen im Teich, aber während die nur Fliegen fraßen und es damit zufrieden waren, roch und schmeckte der Frosch jede Nuance des Lebens, all die Düfte der Welt verbanden sich in seiner Nase zu einer Sinfonie und all die Geschmäcker entfachten auf seinem Gaumen ein Feuerwerk der Vielfalt.
Eines Tages hielt er es nicht mehr aus und er sprach zu den anderen Fröschen: „Liebe Freunde, ihr seid es zufrieden hier, aber ich muss hinaus in die Welt und Koch werden – denn lebe ich hier so lebe ich doch nicht und mein Dasein wird erst vollendet sein, wenn ich das perfekte Mahl zubereitet haben werde! Dann erst werde ich zufrieden auf meinem Seerosenblatt sitzen können und den Geschmack der Welt genießen.“
Die anderen Frösche verstanden ihn nicht und schüttelten ihre breiten Köpfe: „Was hindert Dich daran schon jetzt auf Deinem Seerosenblatt zu sitzen und den Geschmack der Welt zu genießen – ja vielmehr - Du tust es doch bereits!“
Aber der Frosch sagte: „Wenn Ihr es nicht versteht kann ich es Euch nicht begreiflich machen – es ist nun einmal so – ich MUSS Koch werden, sonst macht mein Leben keinen Sinn.“
Und er packte seine Sachen, verabschiedete sich und zog los in die große weite Welt und die anderen Frösche winkten ihm nach und fragten sich, ob sie ihn jemals wieder sehen würden.
Er wanderte durch viele Länder und oft wurde ihm das Laufen sauer, weil seine langen Haxen doch eigentlich nicht zum Wandern gemacht waren, aber er biss die Zähne zusammen und ging einfach immer weiter, der Sonne entgegen, auf der Suche nach seinem Weg.
Schließlich gelangte er in eine große Stadt und da hörte er die Leute sprechen von einem großen Koch, der in Diensten des Königs stand und weit über das Land hinaus berühmt war für seine Kunst. Da ging der Frosch schnurstracks zum Schloss und marschierte in die Küche und bat den Koch, in als Lehrling anzunehmen.
Der Koch verwunderte sich sehr über den seltsamen Gast und seine Forderung, aber weil der Frosch ihn mit gar so festem Blick ansah, verstand er, wie ernst es ihm war und da nahm er ihn in Dienst und lehrte ihn alles, was er wusste.
Als der Frosch ausgelernt hatte ging er zu seinem Meister und sprach: „Guter Meister, ihr habt mich alles gelehrt, was ihr wusstet, ihr ward mir ein Vorbild und ein Mentor, nun ist es Zeit, dass ich mein Bündel schnüre und in die Welt ziehe und mein Glück als Koch versuche!“
Und der Meister antwortete ihm: „Mein lieber Frosch, Du bist mir wert und teuer geworden – ziehe in die Welt und finde Dein Glück, nur sei auf der Hut: dort draußen ist vieles nicht so, wie es scheint und nicht immer ist das Glück auch mit den Rechtschaffenen! Ich habe Dich alles gelehrt was ich wusste, und wahrlich ist es an der Zeit, Dich selbst einen Meister zu nennen – so zieh denn hin mit meinem Segen, Meister Froschkoch!“
Und der Frosch wanderte erneut darauf los, immer der Nase nach, auf der Suche nach seinem Glück.
So wanderte er viele Jahre durch viele Länder und kochte viele Gerichte für viele Menschen, aber das rechte Glück, wie er es sich erträumt hatte, fand er nicht. Wo auch immer er hinkam verwunderten sich die Leute über den seltsamen Koch, aber wenn sie seine Gerichte kosteten so waren sie ganz verzückt und je mehr der Froschkoch kochte, desto ausgefeilter und raffinierter wurden seine Gerichte und nach und nach konnte keiner mehr sein Essen kosten, ohne dass ihm Tränen des Glücks in die Augen traten.
Allein der Froschkoch fand sein Glück nicht und so wanderte er weiter, immer weiter, immer tiefer in die Welt hinein.
So kam er eines Tages in die herrlichste Stadt, die er je gesehen in deren Mitte stand der prächtigste Palast der Welt und alles war mit Fahnen geschmückt, da der König einen großen Empfang zu Ehren eines hohen Besuchs gab.
Als er auf seinen langen Haxen durch das Stadttor marschierte verwunderten sich die Wachen und flüsterten miteinander, aber der Frosch kümmerte sich nicht und fragte nach dem nächsten Gasthof und nahm sich dort ein Zimmer. Und als er so in seiner Stube saß und sich den Staub von seinen Füßen wischte, da klopfte es heftig an seiner Tür und herein stürmte der Kanzler des Hofes und rief ganz aufgeregt: „Frosch – Du bist der, auf den wir gewartet haben – der König hat ein großes Festbankett zu Ehren unseres Gastes angeordnet, das wichtigste Bankett aller Zeiten denn es geht um nichts weniger als den Frieden des Reichs und DU bist der, den wir dafür brauchen – ohne Dich geht es nicht, willst Du unserem König zu Diensten sein?“
Da freute sich der Frosch ganz unbändig, sprang auf rief: „Ja! Ich sage Euch: Tausendmal ja! Darauf habe ich mein ganzes Leben gewartet!“ und er eilte mit dem Kanzler zum Schloss und schnurstracks in die Küche.
Dort trat er vor den Koch, einen mürrisch dreinblickenden, groben Kerl und sprach: „Hier bin ich! Ich bin Meister meines Fachs, man nenn mich Meister Froschkoch und ich bin gekommen, um Deinem König zu Diensten zu sein und das große Bankett, das über Krieg und Frieden entscheiden soll, zu kochen!“
Der Koch blickte ihn lange düster an und schließlich brummte er: „So, so! Meister Froschkoch bist Du also! Und das Bankett des Königs willst Du kochen!“
Der Froschkoch sprach: „Wahrlich ein Meister bin ich und der Kanzler sagte, ICH wäre der den Ihr braucht und ohne mich ginge es nicht!“
„Das stimmt wohl“, sagte der Koch, „ohne Dich geht es freilich nicht, denn unser erhabener Gast wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich einmal wieder Froschschenkel zu essen – so gibt es aber im ganzen Reich keinen einzigen Frosch und der König ließ verlauten, wer einen Frosch herbeischaffe, der solle mit Gold überhäuft werden!“
Da blickte der Frosch starr vor sich hin und stand wie versteinert.
Schließlich, nach einer halben Ewigkeit, schaute er traurig auf und sah dem Koch fest in die Augen: „Königlicher Koch! Werdet Ihr mir erlauben das Bankett auszurichten und mir alle Zutaten verschaffen, um die ich bitte und mich schalten und walten lassen in Eurer Küche, wie es mir beliebt, so soll Euer König seinen Wunsch und Befehl erfüllt bekommen.“
Und der Koch kratze sich am Kopf und musterte den Froschkoch nachdenklich, denn er wusste nicht, was er von all dem halten sollte und auch war ihm noch nie ein so seltsamer Koch untergekommen, aber schließlich nickte er einmal kurz und der Froschkoch ging an sein Werk.
Und wie er werkte! Er sprang hin und her und mischte und komponierte und spielte auf der Orgel der Kochkunst ein Meisterwerk zusammen, dass allen, die Zeugen in der Küche waren, die Ohren summten und das Wasser im Munde zusammen lief.
Schließlich, als alles fertig war, trat der Froschkoch vor den Koch und reichte ihm ein Messer. „Hier oh Koch des Königs, eine letzte Zutat fehlt noch, das ist die Krönung meines Werks. Dort oben auf der großen, silbernen Schale ist der Platz schon bereitet: nimm das Messer und stoß es mir ins Herz, schneide mir die Schenkel ab und vollende damit mein Bankett.“
Der Koch blickte ihn lange an. Er hatte die ganze Zeit über still in der Ecke auf einem Schemel gesessen und dem Froschkoch bei seinem Werken zugesehen und kein einziges Wort gesprochen. Schließlich, nachdem er ihm lang und tief in die Augen geschaut hatte, nahm der das Messer, stieß es dem Frosch ins Herz, trennte die Schenkel ab und legte sie auf den vorbereiteten Platz, auf die silberne Schale als Krönung des Banketts und befahl den Dienern, das Essen hinauf zu tragen.
Doch kaum hatten die Diener die Küche verlassen, kamen sie auch schon wieder mit den unberührten Platten herab und berichteten: „Die Herrschaft hat sich umentschlossen, man ist von einer plötzlichen Jagdlust gepackt in den Wald geritten – das Bankett fällt daher aus.“
So wurde das Essen des Froschkochs unter der Dienerschaft verteilt und alle waren sich einig, dass sie niemals zuvor etwas Schmackhafteres gegessen hatten und wer die Gerichte kostete, weinte vor Glückseligkeit. Niemand wurde mit Gold überhäuft, da ja der Gast die Froschschenkel nicht erhalten hatte, aber der Friede des Reiches wurde trotzdem gesichert, da der König seine Tochter dem Gast zur Frau gab und alle waren froh, dass die Sache ein so glückliches Ende genommen hatte.
Und die Moral von der Geschicht? …wirst Du mich fragen -
ich weiß es nicht.
Doch ist der Vollständigkeit halber zu berichten, dass der Froschkoch glücklich starb, denn er wusste, er hatte endlich das perfekte Mahl geschaffen.